Neuseeland

Die Gletscher-Challenge

Tag 28 (27. Dezember)

Der Franz Josef und Fox Gletscher werden sicher jedem ein Begriff sein, der schon einmal die Westküste der Südinsel entlanggefahren ist. Neben den leicht zugänglichen Aussichtspunkten auf die Gletscher, locken hier aber auch viele (Adrenalin-) Aktivitäten. Und daraus entwickelte sich – hallo Gruppendynamik – schnell die Gletscher-Challenge. Diese bestand aus Erlebnissen rund (das heißt auf, unter und über). 

Auf den Gletscher:

Schon vorher hatten wir uns überlegt eventuell einen Helikopterflug zum Franz Josef Gletscher zu machen. Zufälligerweise sahen wir am Straßenrand ein Angebot für einen Helikopterflug, der nicht nur zum Franz Josef Gletscher, der wohl bekannteste Gletscher Neuseelands, sondern in einem 40-minütigen Flug auch die Südalpen überflog. Also nichts wie hin da, ein Angebot ausgehandelt, bei dem uns einige Male gesagt wurde, dass wir über den Preis stillschweigen bewahren sollen ?. Und schon stand er bevor: Ein (unser aller erster) Helikopterflug einschließlich einer Landung auf dem Gletscher.

Was sollen wir sagen? Wieder ein unglaubliches Erlebnis, das schwer zu toppen ist. Nachdem die Gewöhnung an die Flugweise des Hubschraubers schnell passierte, boten uns schon bald atemberaubende Aussichten in die Berge.

Nachdem wir die erste Bergkette überflogen hatten, tat sich ein wahrlich unglaublicher Blick über die schneebedeckten Berggipfel der neuseeländischen Südalpen auf.Auf dem Gletscher war es dann nur ein paar Grad kühler und die Sonne ließ den Schnee unglaublich hell erscheinen, die Entfernungen verschwimmen und einen vergessen, dass wir uns hier oben befanden.

Der erste Teil der Gletscherchallenge war bestanden, nun hieß es im Gletscherwasser schwimmen zu gehen.

Unter dem Gletscher:

Dies erledigten wir direkt nach der Ankunft, voll mit Euphorie und der inneren Wärme, hervorgerufen durch das Erlebte. Da das Gletscherwasser am Ende unter dem Gletscher hervorkommt, badeten wir sozusagen unter dem Gletscher.

Danach fuhren wir glücklich weiter nach Franz Josef Village, wo wir nach intensiven Diskussionen in den letzten Tagen einen Skydive (Fallschirmsprung) für den nächsten Tag buchten. Cora stellte sich hier gegen die Dynamik der Gruppe und wollte diesen hahnebüchenden Schmarn nicht mitmachen. Doch bekanntlich müssen wir alle über gewisse Dinge erst einmal eine Nacht drüber schlafen …

Tag 29 (28. Dezember)

Über dem Gletscher:

Und eine Nacht am Fuße des Franz Josef Gletschers kann viel verändern. Nachdem wir am Morgen die einstündige Wanderung zum Gletscherende absolviert hatten, verkündete Cora froh, dass auch Sie gerne mitspringen würde, falls noch ein Platz frei sein sollten.

So fuhren wir die letzten Kilometer zum Treffpunkt vom Skydive am Fox Gletscher. Um den Spannungsbogen nicht zu überdehnen – es war noch ein Platz frei und so sollten wir alle vier einen Skydive wagen. Verrückt. Mutig. Und jeder bereitete sich anders darauf vor. Während Michel und ich uns bei einer Partie Schach auf andere Gedanken brachten (genial ausmanövriert in Zug 34) strahlten Cora und Jojo nur so um die Wette.

Und so starteten wir dann unseren dritten Teil der Gletscher-Challenge. Nach einer kurzen Einweisung (wichtig ist die Banana-Form des Körpers im freien Fall, also Hacken zurück) ging es zuerst für Jojo und Michel zur Umkleide, wo sie ihren Fallschirmanzug, die Handschuhe, Mütze und Brille bekamen. Jeder bekam einen Tandem-Partner zugewiesen, der ebenfalls noch einmal den richtigen Sitz der Ausrüstung prüfte. Da immer nur drei Teams in ein Flugzeug konnte, waren wir einen Flieger später dran.

Coras Partner war ein älterer, erfahrener Springer, was sie sehr beruhigte und auf die Bitte sie sicher hinabzubringen, antwortete er: „Aber nur wenn du dieses Lächeln bei behältst“. Alter Schleimer“! Mein Sprungpartner sah etwas aus wie Ed Sheeran und war ein lustiger Zeitgenosse.

Unser Sprung sollte von 13.000 Feet, also ungefähr 4.000 Meter gehen, 8.000 Feet freien Fall (knapp unter 3.000 Meter), was ungefähr einer Minute freien Fall entspricht. Ich ging mit Ed Sheeran zuerst zum Flugzeug, was hieß, dass wir auch als letztes springen würden, während Cora zuletzt kam und somit auch zuerst dran war. Mit einer kleinen Maschine ging es hinauf und wir bekamen noch einmal die volle Breitseite Alpen, Gletscher und Berggipfel. Aber wenn wir unseren Kopf zur anderen Seite drehten, sahen wir das Meer. Unglaublich, und eine wahrlich einmalige Szenerie und eigentlich nicht in Worte zu fassen.

Und plötzlich war es dann auch soweit. Die Tür öffnete sich und Cora rutschte mit ihrem Partner und zugekniffenen Augen zu Tür und war auf einmal weg.

Dann kam der zweite und für mich war es an der Zeit zur Tür zu rutschen – und einen Blick nach unten zu wagen. WOW. So hoch oder so tief. Wie auch immer. Plötzlich war unten oben und oben unten oder wo war was?

Die ersten Sekunden waren nicht fassbar und einfach nur Leere, bis der Stabilisierungsfallschirm aufging und der Körper sich etwas dran gewöhnt hatte. Und dann kam der erste vorsichtige Blick nach links. Berge. Rechts. Das Meer. In der Mitte ich. Schreiend vor Freude über dieses Gefühl zu fliegen. Mich so einmalig zu fühlen und diesen Sprung gewagt zu haben. Cora meinte danach, dass sie sich wie ein Vogel gefühlt hat. Auf jeden Fall haben wir uns so frei gefühlt. Und immer wieder der Blick zu den Seiten und diese phänomenale Szenerie, die einem den Atem geraubt hätte, wenn nicht eh die Luft halb aus den Lungen gepresst worden wäre.

Manchmal müssen wir etwas wagen und Grenzen überschreiten, um etwas über uns zu erfahren. Und in diesem freien Fall, der sich wie zehn Sekunden anfühlte, aber wohl eine Minute dauerte, geht einem einiges durch den Kopf. Und das Gute ist, dass wir alle vier dasselbe gemacht haben und so jemanden hatten, mit dem wir darüber erden konnten. Denn dieses Gefühl des Sprungs ist schwer zu beschreiben und es schwirrt noch immer, recht undefinierbar in unseren Mägen und unserem Kopf umher. Als wertvolle Erinnerung.

Dann ging der Fallschirm auf und wir segelten dem Erdboden entgegen. Bei mir wurden Erinnerungen an ein Boot im Meer wach, so dass ich froh war, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und Cucki in die Arme schließen zu können, um mit ihr dann herum zu hüpfen und uns zu freuen und zu fragen, wie verrückt wir eigentlich sind und was für ein wahnsinniges Erlebnis das war.

Nachdem wir Jojo und Michel wieder getroffen haben, fuhren wir ein paar Minuten zum Lake Matthison, aßen etwas, tranken einen Kaffee und tauschten uns über unsere Sprünge aus. Danach gingen wir noch zum See, der für die Spiegelung des Mt. Cook bekannt ist, doch dieser verbarg sich zu dem Zeitpunkt in den Wolken.

Deshalb machten wir uns bald auf den Weg nach Haast, wo wir die Nacht verbringen wollten. Auf dem Weg passierten wir noch einige tolle Aussichtspunkte und Schwimmmöglichkeiten, die Michel und ich uns nicht entgehen ließen.

Und der Tag hielt für Cora und mich noch ein weiteres Highlight parat. Wir hielten am Ship Creek Point, wo wir uns etwas die Beine am Strand vertreten wollten. Wir hatten gelesen, dass hier manchmal Delphine gesichtet werden. Und so spazierten wir am Meer entlang, ohne die Meeressäuger zu entdecken.

Doch kurz bevor wir uns schon verabschieden wollten, erblickten wir zwei Tümmler, die aus dem Wasser sprangen. Kurz danach sahen wir einige Flossen durch die Wellen und immer wieder tauchten die Körper auf oder katapultierten sich aus dem Meer. Es war so ergreifend, dies alles im Licht der untergehenden Sonne an einem einsamen Strand zu erleben und Zeuge von Tieren in ihrem natürlichen Lebensraum und nicht eingesperrt in das Gehege eines Zoos zu erleben. Erst als die Sandflies uns in nie zu vor erlebten Massen attackierten, verließen wir diesen magischen Ort und fuhren zum Campingplatz nach Haast, um diesen ereignisreichen Tag abzuschließen und die bestandene Gletscher-Challenge zu feiern.

Tag 30. (29.Dezember)

Jojo und Michel waren verständlicherweise sehr erpicht darauf, ebenfalls Delphine zu sehen. So fuhren wir zu einem anderen Strandabschnitt, der etwas näher, als der gestrige war und versuchten unser Glück. Michel und ich stürzten uns zu Anfang erst einmal in die Fluten, sozusagen als lebender Köder und Lockmittel. Was auch tatsächlich von Erfolg gekrönt war, denn kurze Zeit später, tauchten ein paar Delphine ein paar Meter vom Strand auf und freudiges Jauchzen war von allen Seiten zu vernehmen.

Jetzt konnten wir unsere Reise über den Haast Pass fortsetzen, der von unzähligen Wasserfällen und blauen Flüssen geprägt war.

Beim ersten dieser von Gletscherwasser gespeisten Flüsse konnten Michel und ich uns natürlich nicht zurückhalten und stürzten uns wagemutig ins eiskalte Nass.

Wir waren die einzigen. Danach ging es weiter von Wasserfall zu Wasserfall und die Touristenmassen wurden im Laufe des Tages immer mehr bis zum Höhepunkt an den Blue Pools. Hier parkten unzählige Autos und auch wir machten uns auf die kleine Wanderung zu den kristallklaren Wasserbecken. Auch hier ging es für uns hopp ins Wasser, wobei es dieses Mal anders war. Nämlich sehr viel kälter. Nach zehn Sekunden hatten wir genug und als wir uns aus dem Wasser schälten, spürten wir immer noch das Prickeln des kalten Wassers.

 

Weiter ging es in Richtung Wanaka, wobei wir kurze Zeit zum ersten Mal einen Blick auf den Lake Wanaka erhaschen konnte und wir waren beeindruckt. Eingerahmt von hohen Bergen lag der See vor uns und erstreckte sich in diesem eindrucksvollen Panorama bis zum Horizont.

Eigentlich ein Ort der zum Verweilen und Genießen einlädt, doch da unsere Vorräte zu Neige ging, wollten wir weiter nach Wanaka. Wo uns dann der große Schock erwartete. Kurz vor Silvester schien sich halb Neuseeland hier versammelt zu haben, was in überfüllten Campingplätzen und Supermärkten resultierte. Letztendlich schafften wir es uns durch die Schlangen beim Einkauf zu wühlen und einen Stellplatz zu ergattern und den Abend gemütlich beim Grillen ausklingen zu lassen.

Ein Gedanke zu „Die Gletscher-Challenge

  1. Ich ziehe den Hut. Das braucht Mut, Überwindung und dann kommt ein unvergesslicher Augenblick, den ich als Betrachter der Bilder nachspüren kann. Wie stark mögen diese Erlebnisse sein. Danke dafür, dass ich mitreisen darf.

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