Eine Woche Schenna im August

Tag 1: Wandertour durch die Ifingerscharte – Hin und Zurück

Nachdem der gestrige erste Tag mit einem epochalen Fünfsatz-Tischtennismatch beendet wurde, ging es heute zum Einstieg direkt unterhalb des Großen Ifingers entlang zur Ifingerscharte. Eine Scharte ist ein Grateinschnitt, welche in diesem Fall die Überquerung des Berges an dieser Stelle ermöglicht. Ziel sollte dann die Ifingerhütte und anschließend der Abstieg nach Schenna sein.

Ifingerscharte

Aber der Reihe nach.

Da wir anscheinend bei unserer Ankunft auch einen kleinen Wetterumschwung mitgebacht haben, entschieden wir erst nach dem Frühstück, da der Regen ausblieb, den Weg zur Ifingerscharte anzugehen. Gut gestärkt ging es ins Zentrum von Schenna, wo heute ein großer Markt stattfand. Von dort nahmen wir den Bus zur Talstation von Meran 2000. Dort wurde ein Ticket gekauft und kurze Zeit legten wir die beträchtlichen Höhenmeter in einer riesigen Gondel nach Meran 2000 zurück.

Hohe Motivation zu Start – leider bewegte sich das Pferd auch nach mehrmaligen auffordern nicht von der Stelle.

Ausgerüstet waren wir mit einigen Energy Bars, Regenjacke und Wasser. Es sollte eine kleine Tour werden mit genügend Hütten auf den Weg. Die Strecke bis zur Ifingerhütte ist mit knapp zwei Stunden angegeben, eine halbe Stunde vorher wird die Ifingerscharte durchquert. So machten wir uns frohen Mutes auf den Weg, erfreut heute doch noch loszukönnen und mit der Hoffnung, dass das Wetter zumindest bis zur nächsten Hütte stabil bleibt. Nach kurzer Zeit hatten wir den Hauptweg verlassen und den Weg zur Ifingerscharte, auf dem der Abzweig zum Heini-Holzer-Klettersteig auf den Großen Ifinger liegt, betreten. Leider fing es schon bald an zu tröpfeln, so dass wir vorsichtshalber unsere Raincover über die Rucksäcke stülpten.

 

Allerdings blieb es bei den vereinzelten, kleinen Tropfen und der Weg war entlang steinigeren Stellen und über einige Geröllfelder angenehm zu begehen, so dass wir die Scharte, nach einer kurzen Rast vor dem Anstieg, entspannt erreichten.

Guter Schluck aus der Pulle

Oben bekamen wir dann den ersten Vorboten, wie schnell sich das Wetter in den Bergen ändern kann, nachdem in kurzer Zeit die Wolken aus dem Tal aufzogen und die Sicht auf wenige Meter beschränkten.

Video entfernt

Die Nebelwolken hatten sich allerdings genauso schnell wieder verzogen. So stiegen wir die andere Seite über ein langes, steiles und steiniges Stück hinab. Kurze Zeit später waren wir dann auf der Ifingerhütte angekommen – bei nur noch 16°C.

3 Käseknödel mit zu viel Salat plus alkoholfreien Weizen – mjam

Nach einem leckeren Alkoholfreien Weizen und drei Käseknödeln sollte es dann weitergehen – nach Schenna – als Andreas feststellte, dass sein Portmonee verschwunden war. Was ich erst noch als Trick abtat, sich vor dem Zahlen zu schützen, wurde kurze Zeit später Gewissheit und auch ein Anruf bei der Seilbahn brachte keine Erleichterung.

Dementsprechend musste das Portmonee noch auf dem Weg liegen – mit zwei möglichen Stellen: Die Rast vor der Scharte oder das Anlegen des Raincovers.

Wir dachten nicht lange nach und machten uns auf den Rückweg – beginnend mit einem langen Anstieg hinauf zur Ifingerscharte. Mittlerweile waren es nur noch 13°C und aus dem nächsten Tal war bereits unheilvolles Donnergrollen zu vernehmen, dass allerdings schon den ganzen Tag in den umherliegenden Tälern umhergeisterte. Nach der Hälfte des Anstiegs brachte ein kurzer Blick zurück die zusätzliche Motivation in Form einer herannahenden Regenwand und auch der Donner ließ nicht locker. Ich denke, wir sind die Scharte von der Seite der Ifingerhütte in Rekordzeit bestiegen, angetrieben von der Sorge um das Portmonee und der Trockenheit unserer Klamotten.

Kurz nach Überschreiten der Ifingerscharte wurden wir dann von den ersten Tropfen getroffen, welche sich recht schnell in kleine Hagelkörner verwandelten. So schnell wie möglich, machten wir uns an den Abstieg und erreichten die Raststelle – mit ernüchterndem Ausgang. Kein Portmonee, dafür immer größere Hagelkörner. Nachdem wir uns kurz in den Schutz der Tannen zurückgezogen hatten, wurden wir von einem hellen Aufleuchten links von uns aufgeschreckt, denn natürlich gehört zu einem Gewitter nicht nur der Donner, sondern auch die Blitze. So war die Abwägung zwischen Deckung suchen vor dem Hagel und Bäume meiden auf Grund des Blitzes. Wir hasteten vorsichtig weiter abwärts, mittlerweile war alles glitschig und es bildeten sich kleiner Flüsschen auf dem Weg, als die Hagelkörner plötzlich enorm an Größe zunahmen und schmerzhaft auf den Kopf einprasselten.

Praxistest hat bewiesen: Hagelkörner schmerzen am Hinterkopf

Zu diesem Zeitpunkt mussten wir etwas Schutz suchen und hockten uns unter die Zweige einer kleineren Tanne und verharrten der Dinge. Der Wind wurde immer stärker, wir immer nasser und das Donnergrollen immer lauter. Zwei Kehren weiter polterten auch zwei mittelgroße Steine über ein Geröllfeld bergabwärts. Der Hagel hatte die Umgebung mittlerweile sehr weiß gemacht und auf den Wegen wurde eine kleine Hagellawine hinabgeschoben.

Walking in a winter wonderland
Eine Handvoll Hagel

Nach gut 15 Minuten war der Spuk dann vorbei und nachdem wir noch ein paar Minuten abgewartet hatten, setzen wir vorsichtig unseren Weg fort. Die Geröllfelder überquerten wir flott, nachdem wir uns jeweils einen Moment nahmen, um die Lage zu überprüfen. An einem Geröllfeld hatte sich durch den heftigen Niederschlag ein zuvor kleiner Bach in einen mittelgroßen Wasserfall verwandelt. Zum Glück konnten wir diese Stelle überqueren und unsere Suche nach dem Portmonee fortsetzen. Klares Ziel war hierbei die Stelle, an der wir auf dem Hinweg das Raincover angelegt hatten.

Der Weg zog sich sehr und wir waren uns auch nicht sicher, an welcher Stelle wir genau suchen mussten. Nachdem wir schon einige Male gedacht hatten, wir würden an dem Ort ankommen, war es dann endlich soweit – und die Anspannung stieg. Und tatsächlich lag das Portmonee noch an Ort und Stelle, unversehrt und trocken im Schutz einiger Tannen. Das schlechte Wetter war in diesem Fall unser Glück, da so kein Wanderer an diesem Tag die Strecke gegangen ist.

1a – Beweis, dass niemand außer uns so dumm ist, die Strecke bei schlechtem Wetter zu gehen

Wir ließen uns einige Jubelschreie entlocken, welche uns aber schnell im Halse stecken blieben, als das nächste Donnergrollen anrollte. Schnell setzen wir den Weg fort, mit dem Ziel Meran 2000 und die Seilbahn ins Tal zu erreichen. Nachdem wir den Hauptweg wieder erreicht hatten, fing es wieder an zu hageln und zu blitzen, so dass wir mit einem beherzten Sprint gerade noch rechtzeitig die Bergstation erreichten.

 

Wolkenverhangenes Tal

Allerdings sorgten die Blitze auch dafür, dass die Bahn nicht direkt fahren konnte und selbst unterwegs hielt die Bahn zweimal an, was automatisch passiert, wenn Blitze in der näheren Umgebung niedergehen. Nach einer diesmal etwas längeren Fahrt erreichten wir dann erleichtert und geschafft die Talstation.

Viele Leute waren nicht mehr auf dem Berg

Ein Tag, der einem direkt vor Augen führt, was es bedeutet in den Bergen wandern zu gehen – auf alles vorbereitet zu sein. Die Faszination der Berge, die ganz schnell in die Gefahr in den Bergen umschwenken kann. Etwas, was man sich immer bewusst sein wollte.

 

Tag 2: Auf die Mutspitze

Bekanntlich kommt der Hochmuth vor dem Fall.

Die Mutspitze (2294 m) mit wolkigem Gipfel

Auf unserer heutigen Tour kam der Hochmuth allerdings vor dem Aufstieg. Hochmuth ist der Name des Berggasthofes oberhalb Dorf Tirols, wo nach der Fahrt mit der Seilbahn auf 1400 m gestartet wird.

Heute kam es zum ersten Zwischenfall bereits nach den ersten 500 m, als ich einen herabhängenden Felsbrocken übersehen und diesen beinahe mit meinem Schädel zertrümmert hätte. In Wahrheit hat der Fels natürlich mich kurzfristig in die Knie gezwungen und gab mir ein leichtes Brummen mit auf den Weg. Die erste Dreiviertelstunde ging es flott leicht bergauf und dankbar nahmen wir die erste Pause am schön gelegenen Gasthof Mutkopf (1684 m) an. Bei einer Holunder- und Johannesbeerschorle bot sich dann auch ein schöner Blick auf das Meraner Land. Und die Möglichkeit zum Luftholen, um die anschließenden 600 Höhenmeter auf den Gipfel in Angriff zu nehmen.

 

 

Der Anstieg selber war ein einziges bergauf, bei dem Andreas mehrere Mal stehen blieb, um „die Aussicht zu genießen“. Das er dabei wie ein Hund hechelte, behalte ich hier mal für mich. Es war aber auch sehr steil, was auch auf dem folgenden Bild zum Ausdruck kommen soll.

Anstieg zur Mutspitze

Oben angekommen machten wir eine kleine Rast und genossen den wahnsinnigen Ausblick auf das Tal und die umliegenden Bergketten, schwadronierten über die Wanderungen der nächsten Tage, aßen einen Energy-Protein-Riegel und kletterten zum Gipfelkreuz.

Blick auf Meran

 

Wir entschiedenen uns gegen den direkten Wiederabstieg und für eine Wanderrunde, welche uns über den Bergkamm und den Abstieg an der Südseite zur Leiteralm und von dort zurück zur Hochmuth führen sollte. Entlang des Bergkammes stießen wir auf der sonnenabgewandten Nordseite immer wieder auf Überbleibsel des gestrigen Unwetters in Form von standhaften Hagelfeldern.

Kein Schnee, sondern Reste des gestrigen Hagelschauers

Es folgte schließlich ein sehr langer und steiler Abstieg, anfänglich über eine hohe Anzahl an Kehren und später über einen wurzeligen Waldweg, welcher uns noch einmal vor Augen führte, wie viele Höhenmeter wir heute bereits erklommen hatten. Gleichzeitig steigerte dieser Weg auch unserer Vorfreude auf die Leiteralm, wo wir uns eine angemessene Pause inklusive Verköstigung genehmigten.

Auf dem weiteren Rückweg mussten wir uns noch an einer Ziegenherde vorbeiquetschen. Beeindruckend, wie die Tiere schräg am Hang stehen genüsslich die schmackhaften Gräser verputzen.

Zum Abschluss ging es dann wieder mit der Bahn hinab und zurück zur Pension, um uns erneut ein packendes Tischtennismatch zu spielen (ging trotz 2:0 Führung 2:3 verloren, aber mit der leichten Gehirnerschütterung absolut akzeptabel 😉 ).

 

Tag 3: Wanderung von Meran 2000 zur Windpitz (2390 m) und auf den Großen Mittager (2422 m)

Nach einem entspannten Morgen sollte es heute auf den Klettersteig gehen. Da wir keine eigene Ausrüstung haben, müssen wir uns diese ausleihen. Das war dann auch der Grund, weshalb wir heute den Klettersteig abblasen mussten, da alle 10 Helme bereits ausgeliehen waren. So konnten wir dann nur die Gurte für morgen schon einmal Probe tragen und unsere Größen herausfinden, müssen allerdings morgen wieder kommen.

Schnell einigten wir uns dann auf eine entspannte Wandertour auf Meran 2000. Da wir bereits eine recht gute Höhe erreicht hatten, standen heute auch nicht so viele Höhenmeter und somit eine etwas entspanntere Tour auf den Programm.

Kuh isst Gras auf einer Wiese

Entlang breiter und ausgetretener Wanderpfade ging es sanft bergauf, die beiden Berge immer im Blick. Nach den letzten beiden Touren und mit der Gewissheit, morgen einen Klettersteig zu gehen, war die heutige Tour bei uns beiden sehr willkommen. Nichtsdestotrotz war es auch heute wieder kein gemütliches Schlendern, sondern ein flottes wandern, das Zwischendurch immer wieder in kleine, kindische Sprints ausartete.

Andreas freut sich

 

Berggipfel

Als wir bereits fast den Gipfel erreicht hatten, machte sich aus dem unteren Tal eine große Herde von Schafen auf den Weg, das anscheinend saftigere Gras auf dem oberen Plateau zu verspeisen. In weiser Voraussicht suchten wir uns eine strategisch günstige Stelle, um Zeugen des Aufstiegs der Schafe zu werden.

 

 

Anführer der Schafe
Aufstieg der Schafe

Oben angekommen ergab sich dann ein Bild vollends glücklicher Schafe. So sieht bestimmt der Schafshimmel aus:

Schafshimmel

Der Rest des Tages geriet nach diesem Highlight fast zur Randnotiz. Dem sprintenden Aufstieg zur Windspitz folgte ein weiterer zehnminütiger Weg zum Großen Mittager, wo wir kurz verweilten. Wer sich jetzt fragen sollte, welche Farbe die Schuhe haben, dem sei gesagt: Es ist definitiv nicht braun/ orange.

Espresso/ Rost – die Farben der Saison

Tag 4: Klettersteig am Ifinger

Das ist leicht. Einfachster Klettersteig ever. Familien- und Kinderklettersteig. Klang alles relativ harmlos, um den Heini-Holzer-Klettersteig als meinen ersten Klettersteig auszuwählen. Für Andreas sollte es nach einem Klettersteig an der Alpspitze sein zweiter werden. Dementsprechend locker und entspannt war er, während ich nicht genau wusste, auf was ich mich heute einlassen würde.

Im Hintergrund der noch wolkenverhangene Ifinger

Die Kletterausrüstung konnten wir uns direkt im Shop abholen, nachdem wir diese gestern reserviert hatten. Eine kurze Anprobe und Bekanntmachung mit den Karabinern, verstauten wir die Ausrüstung und machten uns auf den Weg zum Klettersteig. Der Zuweg dauert ungefähr 30 Minuten und verläuft identisch mit dem Weg zu Ifingerscharte, welchen wir bereits drei Tage zuvor gegangen waren. Es ist ein sehr schöner und abwechslungsreicher Weg, der bereits leicht auf die zu erwartende Kletterei einstimmt. Auf dem Weg trafen wir bereits viele Gleichgesinnte und am Startpunkt hatte sich bereits eine kleine Menschenmenge versammelt, welche sich nach und nach an den Aufstieg wagten.

Noch gut gelaunt und euphorisch – Tölpel!
Startpunkt des Klettersteiges

Dabei verteilten sich die vielen Menschen schnell auf dem Klettersteig. Einzig an den – vor allem zu Anfang – etwas schwierigeren Stellen, zog sich die Menschenkette wie eine Ziehharmonika zusammen, sodass wir hier vereinzelt warten musste. Das war auch gar nicht so schlimm, da die Verschnaufspausen genutzt werden konnte, um wieder zu Atem zu kommen und etwas den Puls zu beruhigen. Denn vor allem der Anfang des Steiges hatte es mit vereinzelten B/C-Kletterpassagen (A= leicht – F= unmöglich :D) in sich. Wir waren darauf nicht so richtig vorbereitet und mussten uns schon einige Male sehr überwinden oder uns kopfschüttelnd gegenseitig anschauen.

Der Klettersteig an sich ist mit 1.000 m Stahlsteil gesichert und erstreckt sich über 550 Höhenmeter. Um es schon einmal vorweg zu nehmen – ja, wir haben ihn geschafft. Und lagen mit unseren 3 1/2 Stunden im geschätzten Zeitaufwand von 3-4 Stunden. Wer generell mehr Informationen über den Klettersteig haben möchte, kann sich auf der offiziellen Seite informieren: Hein-Holzer-Klettersteig

Es geht hoch hinaus, leicht zittrig

Vor allem die erste Hälfte des Klettersteiges ist für ungeübte Alpinisten eine Herausforderung und so waren wir froh nach etwas mehr als der Hälfte der Zeit und Strecke am Hein-Holzer Rastplatz eine kleine Pause einlegen zu können. Der Klettersteig ist in 16 Passagen eingeteilt, welche den verschiedenen Schwierigkeiten zugeteilt sind. Besonders die „Einstiegswandl“ (B), der Steilaufschwung (B/C), der Bergführerweg (B/C) und das Dolomitenpanorama (B) klingen zwar einladend, bedeuten aber in der Realität zunächst verwirrte Blicke, wenn der nächste Griff oder Schritt auch nicht auf den zweiten Blick erkennbar ist. Oder man einfach nur an einem Seil gesichert in einer Wand hängt:

Vertical Limit

Ein Highlight des Klettersteiges war definitiv der „Geistgrat“, auf dem man einen beängstigenden Blick in den Abgrund hatte und einige Stellen auf allen vieren überquert wurden:

Geistergrat – gruselig war vor allem der Blick zur Seite

Generell war auf diesem Klettersteig nicht so sehr die Schwindelfreiheit, sondern eher Technik, Kraft und Ausdauer gefordert. Mit fortlaufender Dauer war das Lösen und neue Einharken der Karabiner immer selbstverständlicher und der Bewegungsablauf von Armen und Beinen und die Suche nach Aufstiegsmöglichkeiten natürlicher. Dadurch machte der zweite Teil auch mehr Spaß und wir konnten zwischendurch auch einmal entspannt inne halten, den Ausblick genießen und realisieren, was wir hier gerade tun. Dann hatten wir schon über die „Engelskante“ die „Ausstiegsmeile“ erreicht und näherten uns dem Ende des Klettersteiges.

Oben auf 2.480 m angekommen, gönnten wir uns unsere wohlverdiente Pause und bekamen dabei von einer Familie den Hinweis, unbedingt das Canyoning im Paseiertal auszuprobieren. Da Andreas eh danach auf der Suche war und ich in diesem Urlaub sowieso bei allem dabei war, war die Aktivität bereits fix in unseren Köpfen für die nächsten Tage eingeplant.

Der kleine Ifinger, im Hintergrund in den Wolken ist die Spitze des großen Ifingers zu erkennen.

Da der Rastplatz jetzt auch nicht so viel Platz zu bieten hatte, brachen wir kurze Zeit später auf, bestiegen noch den kleinen Ifinger (2.552 m) und entschieden uns gegen den großen (2.581 m), da wir erst einmal genug vom Klettern und Karabinern hatten. Stattdessen stiegen wir schnurstracks zur Kuhleitenhütte ab, schnabulierten einen Kaiserschmarren und machten uns anschließend erschöpft, aber glücklich auf den Weg zur Seilbahn.

 

Tag 5: Von Oberöberst auf die Obere Obisellalm und den Hochwarth

Die Motivation am Morgen war nicht sonderlich hoch. Den Klettersteig in den Knochen und in den Fingern spürten wir nur all zu deutlich. Dabei die Gewissheit, dass es der vorletzte komplette Tag war und der Körper auch gerne einfach mal entspannen würde. Wir spielten kurz mit dem Gedanken, heute einfach mal entspannt nur Tischtennis zu spielen und den Tag lesend und schlafend zu verbringen.

Blick aus dem Fenster der Pension Grafenau

Ein Blick aus dem Fenster auf das Bergpanorama unter wolkenlosen blauen Himmel und die Gewissheit, dass es durch das Canyoning am nächsten Tag unsere letzte Wandertour für diesen Urlaub werden würde, vertrieben diese Gedanken sehr schnell. Wir hatten einige Abends zuvor die Empfehlung bekommen hatten, der Obisell-Alm einen Besuch abzustatten, da diese sehr schön (ab-)gelegen ist und einen langen Anstieg mit einem einem herrliches Berg-Ambiente belohnt.

Wir nahmen unser obligatorisches Frühstück ein (Rührei, Brot, Aufschnitt, Müsli mit Joghurt und Obst, hausgemachter Apfelsaft und Kaffee) und machten uns gut gestärkt auf den Weg. Schon am Morgen wurde ersichtlich, dass es heute ein sehr warmer und sonniger Tag werden würde. Da der Beginn der Wanderung in Oberöberst auf der andere Talseite gelegen ist, stand erst einmal die Anfahrt auf den Programm. Und die – bzw. die letzten Kilometer – hatten es in sich. Um auf 1.400 m zu gelangen, mussten vom Tal aus (~ 400 m) unzählige Spitzkehren bezwungen werden. Andreas hatte nach seinen Spaß – und wir beide hofften, dass der Bus, der ebenfalls auf dieser Strecke verkehrte, gerade nicht fährt, da die Straßen doch teilweise sehr eng und schwer einsehbar waren.

Blick vom Parkplatz in Oberöberst

Oben angekommen schnürten wir unsere Wanderschuhe und machten uns auf den Anstieg zur oberen Obisell-Alm (2.160 m), wir hatten also 800 Höhenmeter unter strahlender Sonne vor uns. Nach einem gemächlichen Einstieg über einen Waldweg ging es dann in die steileren Passagen – und die hatten es in sich. Da die Strecke zur Alm nicht sehr lang ist, ging es ab hier konstant bergauf und schon nach kurzer Zeit waren wir klitschnass und die Rucksäcke klebten an unseren Rücken. Dabei überquerten wir immer wieder kleinere Bachläufe, welche sich in das Tal ergießen.

Nach einigen Wasserpausen erreichten wir die Alm, wurden aber auf dem Weg von einem Vater&Sohn Gespann überholt, welche komplett aus dem Tal gestartet waren. Mit leichterem Gepäck, aber auch tausend Höhenmetern mehr in den Beinen. Während die Beiden also relativ entspannt oben ankamen, begutachteten wir unsere vollkommen nassen T-Shirts, auf denen sehr gut die Abdrücke der Rucksack Schulter- und Hüftgurte zu erkennen waren.

Obere Obisell-Alm (2.160 m)

Die Alm war wirklich sehr schön in einem Kessel direkt an einem Bergsee und einem kleinen Bächlein gelegen und wird von Ende April bis Ende September, da hier kein Skigebiet ist, betrieben. Wir belohnten uns mit einer Holunderschorle, welche nach dem schweißtreibenden Aufstieg in Nullkommanix aufgesaugt war. Nachdem unser Wasserhaushalt mit einer zweiten Saftschorle wieder aufgefüllt wurde, wanderten unsere Blicke langsam wieder nach oben und fixierten den Hochwarth (2.461 m). Da wir noch keinen Hunger verspürten, schulterten wir wieder unsere Rucksäcke und machten uns auf, die 300 Höhenmeter bis zum Gipfel, für die ungefähr 45 Minuten veranschlagt sind, zu überbrücken. Auf dem Weg wurden wir von diesen freundlichen Bergbewohnern aufmerksam beäugt – da wir in unserem erschöpften Eindruck nicht so gefährlich aussahen, mussten wenigstens die Artgenossen nicht gewarnt werden:

 

Kleiner Frechdachs

Kurz vor dem Ende mussten wir noch einen letzten Anstieg bis auf die Spitze des Hochwarths unternehmen:

Anstieg zum Gipfelkreuz des Hochwarths

Oben angekommen wurden wir dann mit einem tollen Ausblick auf das Tal (es ging sehr steil hinab) und die umliegenden Gebirgsketten belohnt. Ein tolles Gefühl, seit dem Start über tausend Höhenmeter erklommen zu haben und auf dem höchsten Punkt des heutigen Tages das Gefühl zu haben, über all den Dingen zu sein und in die Ferne blicken zu können.

Blick auf Meran
Blick auf die Sarntaler Alpen – rechts ist der Ifinger zu sehen

Leider waren auf dem Gipfel einige Fliegen unterwegs, so dass wir die Szenerie nur begrenzt auf uns wirken lassen konnten. Nach den beeindruckenden Bildern stiegen wir wieder ab und freuten uns auf unsere wohlverdiente Mittagsmahlzeit auf der Alm. Für mich gab es sehr leckere Brennesselknödel, Andreas entschied sich nach freundlichem Hinweis des Wirtes für Bockenes, lange gegartes Ziegenfleisch. Dazu gab es ein schmackhaftes Weizen, hier mit Limo – natürlich nur für den Foto-Effekt. Die Zeit auf der Alm war recht entspannt, da wir aber wussten, dass noch ein nicht zu unterschätzender Abstieg auf uns wartete, mussten wir uns schließlich doch auf den Weg machen. Diesmal wählten wir eine Alternativroute, die zwar etwas länger, dafür nicht so steil bergab gehen sollte. Die Route führte vor allem am Anfang auf einem kleinen Pfad entlang des Berges mit toller Aussicht. Schon hier hatte sich der Weg gelohnt.

Geschlängelter Weg entlang des Hahnenkamms

Anschließend wurden wir noch einmal mit der Sicht auf das Meraner Land überrascht, auch wenn es uns in diesem Moment nicht bewusst war, dass es das letzte Mal in diesem Urlaub sein würde.

Andreas vorne, Meran hinten/ unten

Auf dem anschließenden Anstieg merkten wir dann die Strapazen der letzten Tage immer deutlicher und als der Weg nicht mehr zu enden schien, erreichten wir endlich den Parkplatz bei Oberöberst und damit das Ende unserer heutigen Tour. Nach anfänglichen Motivationsschwierigkeiten hatten wir uns für heute die anstrengendste Tour ausgesucht, welche körperlich fordernd war, mit dem Gipfelblick und der netten Alm aber genügend Orte zu bieten hatte, an denen wir auch die Vorzüge der Bergwelten genießen konnten.

Die anschließende Fahrt ins Tal fühlte sich dann wie ein langsames Abschiednehmen von den Bergen Südtirols an. Zumindest wandern würden wir nicht mehr, jetzt stand nur noch das morgige Canyoning auf dem Programm, welches einen tollen Abschluss der Woche bringen würde.

Nächtlicher Blick